Banken erwarten mehr Pleiten: Bankenaufsicht warnt vor „Gefahren“ – drei Dinge müssen Privatanleger dazu wissen
Selten hat ein Chef der deutschen Bankenaufsicht Bafin so offen über Risiken im Bankensektor gesprochen wie Mark Branson kürzlich im Handelsblatt . Der Schweizer, der sein Amt nach dem von der Bafin übersehenen Bilanzskandal beim Zahlungsdienstleister Wirecard antrat, spricht unter anderem deutlich über „Gefahren“ durch „geopolitische Spannungen“.
Ein Blick in die Bankbilanzen zeigt: Die Geldhäuser stellen sich tatsächlich auf größere Schwierigkeiten ein.
Die Banken rüsten sich offenbar für eine unsichere Zeit
Im Jahr 2020, als angesichts der Corona-Pandemie einige den Ruin zehntausender Unternehmen fürchteten, stellte die Deutsche Bank letztmals mehr Geld für Kreditausfälle zurück als in den vergangenen zwölf Monaten.
1,8 Milliarden Euro waren es damals. 1,6 Milliarden Euro sind es derzeit. Im Jahr 2021 war der Wert auf 0,5 Milliarden Euro gesunken, wie vor der Pandemie. Seither verdreifachte er sich wieder. Am größten fällt der Anstieg im Privatkundengeschäft aus.
Vorbereitung auf Pleiten
Die Deutsche Bank stellt so viel Geld für Risiken bei Krediten zurück wie zuvor nur in der Corona-Pandemie
In ihrem jüngsten Geschäftsbericht nennt die Deutsche Bank unter anderem die schwache Konjunktur und Sorgen vor Zahlungsausfällen bei Gewerbeimmobilien als Gründe für die Rückstellungen.
Kein Einzelfall. Die DZ Bank vervierfachte ihre Risikovorsorge im ersten Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Bayern LB, die Helaba, die NordLB und die LBBW erhöhten ihre Rückstellungen deutlich. Die Commerzbank reduzierte sie als einzige Großbank, wenn auch nur geringfügig. Das Gesamtbild verschiebt sich deutlich in Richtung unruhiger Erwartungen. LBBW-Finanzchefin Stefanie Münz rechnet für das zweite Halbjahr 2024 und für 2025 mit einer „weiteren Verschärfung“.
Was diese Veränderungen für Privatanleger, Angestellte und Sparer bedeuten, erklären drei Punkte:
Geringe Gewinne belasten Bankaktien
Klar scheint: Die Aussichten für Banken trüben sich ein. 2023 fuhren viele Geldhäuser hohe Gewinne ein. Die EZB hob die Leitzinsen an, die Banken gaben diese bei Krediten schnell an ihre Kunden weiter, bei Zinsen meist langsamer. Für Geld, dass sie von Kunden bekamen, erhielten sie daher deutlich mehr Zinsen, als sie diesen zahlten. Das trieb die Gewinne.
Nun sinken die Zinsen wieder. Die Kreditrisikovorsorge belastet die Gewinne zusätzlich. „Diese Sonderkonjunktur ist jetzt vorbei“, sagte Bafin-Präsident Branson dem Handelsblatt.
Deutsche Bank, LBBW und Bayern LB verdienten im ersten Halbjahr 2024 bereits weniger mit Zinsen als im Vorjahreszeitraum. Branson sagt: „Auch 2025 wird der Druck durch Kreditausfälle, steigende Kosten und sinkende Zinsmargen hoch bleiben.“
Gefahren für Banken lauern in Politik, Cyberangriffen und Unerwartetem
Offen bleibt, wie weit sich die Lage für die Banken eintrübt. Nur geringere Gewinne? Auch Verluste? Existenzgefahren?
Zwar lauern derzeit viele Risiken für Banken:
- Krisenherde bedrohen Welthandel und Weltwirtschaft: Nahost, Taiwan-Konflikt.
- Staatlich unterstützte Cyberangreifer, vor allem aus Russland, wollen Deutschlands Infrastruktur schwächen. Einige Banken investieren laut Branson zu wenig, um sich vor ihnen zu schützen.
- Der Klimawandel schafft unvorhersehbare Risiken durch Naturkatastrophen. Kredite könnten ausfallen, Unternehmen ganze Fabriken verlieren.
- Unternehmensinsolvenzen, die durch die Sonderregelungen der Corona-Pandemie hinausgezögert wurden, aber durch die schwächere Konjunktur immer wahrscheinlicher werden, drohen zu Kreditausfällen bei den Banken zu führen.
- Auch bei Krediten für Gewerbeimmobilien drohen Ausfälle. Schlecht isolierte Altbauten bleiben schwer vermittelbar. Eigentümern drohen Zahlungsausfälle, und damit auch ihren Kreditgebern.
- Die schwache Wirtschaft belastet das Kreditgeschäft mit Unternehmen, die hohen Baukosten belasten das Hypotheken-Geschäft. Beide Bereiche erzielen deutlich niedrigere Umsätze als noch vor einigen Jahren.
- Die Banken leiden unter zu vielen Vorgaben, etwa bei Nachhaltigkeit und Kryptowährungen, die weder die Sicherheit verbessern noch andere positive Effekte erzielen. Der „Hang, jedes Detail haarklein zu regeln“ stamme auch aus Deutschland und auch von Banken, die alle Fragen im Voraus beantwortet haben wollen. Auch in Deutschland gibt es vielerorts den Glauben, dass eine weitere Regel alles noch ein bisschen besser macht. Dabei ist die Detaillierung der Regulierung übertrieben.
Die wenigsten dieser Risiken sind allerdings neu. Banken können mit ihnen umgehen. Existenzgefahren entstehen durch unvorhergesehene oder für unmöglich gehaltenes Ereignisse. Wann diese drohen, weiß niemand.
Eine Bankenkrise scheint unwahrscheinlich
Allein die Tatsache, dass die Banken Geld für Kreditausfälle zurücklegen, zeigt: Eine breite Bankenkrise scheint unwahrscheinlich. Die Banken scheinen die Risiken zu kennen. „Sie bedrohen nicht das System“, sagt Branson über die Vorbereitungen auf Kreditausfälle bei Gewerbeimmobilien. „Aber sie können in den Bilanzen von Banken und Versicherern noch deutliche Spuren hinterlassen.“
Fondsmanagerin Alexandra Annecke von Union Investment erwartet im Handelsblatt eher stabile Gewinne: keine Sprünge nach oben, aber auch keine Einbrüche nach unten.
Dafür spricht, dass einige Banken bereits wieder mit steigenden Zinserträgen rechnen. Diese entlasten die Bilanzen.
Andererseits sanken die Rückstellungen für Kreditausfälle zuletzt auch so deutlich, weil die Banken während der Corona-Pandemie deutlich mehr Geld zurücklegten als sie brauchten. Bleiben die schlimmsten Befürchtungen auch dieses Mal aus, sparen sie sich nach 2025 womöglich Milliarden Euro, weil sie wieder von bereits getätigten Rückstellungen zehren.
Kein Grund zur Panik also. Kluge Sparer tun es aber den Banken gleich und legen derzeit ein wenig Geld mehr zurück als üblich. Brauchen sie den Notgroschen doch nicht, umso besser.