Finanzwesen

Sorge vor weiterem Anstieg: Alarmierender Rekord bei Insolvenzen

Immer mehr Firmen gehen pleite – Forscher verzeichnen so viele Insolvenzen wie zuletzt 2010. Und sie rechnen mit einem weiteren Anstieg.

 

 
Die Zahl der Firmenpleiten ist im dritten Quartal dieses Jahres erneut deutlich angestiegen – und lag damit so hoch wie seit der Finanzkrise 2010 nicht mehr. Das geht aus dem neuen Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervor, der ZDFheute exklusiv vorliegt.

 

Höchste Zahl an Insolvenzen seit 14 Jahren

Die jüngste größere Firmenpleite wurde erst am Dienstag bekannt, als die Textilfirma Soex aus Bitterfeld-Wolfen Insolvenz anmeldete – 400 Mitarbeiter sind betroffen. Der Fall passt in die Entwicklung der vergangenen Monate.
Im dritten Quartal 2024 verzeichneten die IWH-Forscher insgesamt 3.991 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften. Das ist dem Institut zufolge die höchste Zahl von Insolvenzen, die es in den letzten 14 Jahren in einem Quartal gab. Zuletzt waren es im zweiten Quartal 2010 mit 4.071 Insolvenzen nur wenig mehr – damals wirkte noch die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/09 nach.
 


Die Immobilienbranche leidet besonders

Besonders betroffen vom Anstieg der Insolvenzen ist die Immobilienbranche: Im Grundstücks- und Wohnungswesen – darunter fällt etwa der Kauf und Verkauf von Grundstücken und Gebäuden – stieg die Zahl der Firmenpleiten um 69 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Beim deutlich größeren Sektor der „unternehmensnahen Dienstleistungen“ lag die Zahl der Insolvenzen um 31 Prozent höher als im Vorjahr.
„Der hohe Anstieg ist nicht überraschend“, sagt IWF-Insolvenzforscher Steffen Müller ZDFheute. Denn erstens befinde sich die deutsche Wirtschaft in einer Krise – und zweitens sehe man Nachholeffekte aus der Pandemie.

 

Während der Corona-Pandemie wurde die Zahl der Insolvenzen durch staatliche Stützungsprogramme künstlich niedriggehalten – viele der damals gestützten Unternehmen geraten aber nun in Schwierigkeiten.
Steffen Müller, Insolvenzforscher


Ein prominentes Beispiel für einen solchen Nachholeffekt ist der Reisekonzern FTI Touristik – während der Pandemie mit staatlichen Hilfen von fast 600 Millionen Euro vorläufig vor der Insolvenz gerettet, musste das Unternehmen im September nun doch Insolvenz anmelden.

 

Insolvenzen bedrohen Arbeitsplätze

Von jeder Insolvenz sind immer auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen, die womöglich Jobs verlieren. Weil zuletzt auch viele größere Unternehmen Insolvenz anmeldeten, stieg die Zahl der betroffenen Arbeitsplätze gar noch stärker an als die Zahl der Firmenpleiten: um 44 Prozent verglichen mit dem Vorjahr.

 

Keine Entwarnung in Sicht – im Gegenteil

Dass die Zahl der Firmenpleiten wieder sinkt, davon geht IWF-Forscher Steffen Müller übrigens nicht aus. „Leider müssen wir derzeit davon ausgehen, dass es noch weiter steigende Insolvenzzahlen geben wird“, so Müller. Das zeigen die Frühindikatoren, die das IWH sich anschaut.