Status Quo bzgl. PIM und Datenqualitätsmanagement bei Hager Group
Die Hager Group ist ein führender Anbieter von Lösungen und Dienstleistungen für elektrotechnische Installationen in Wohn-, Industrie- und Gewerbeimmobilien.
Gleichwohl ist die Hager Group mittlerweile ein weltweit tätiges Unternehmen: 12.900 Mitarbeiter erwirtschaften einen Umsatz von rund 2,8 Milliarden Euro (2022). Ihre Komponenten und Lösungen produzieren sie an 20 Standorten rund um den Globus; Kunden aus Industrie und Elektrohandwerk in mehr als 100 Ländern der Erde setzen auf sie.
Im Transformationsprojekt der Hager Group koordiniert Niklas Wenz den Aufbau von Produktdatenstrukturen. Zu seinem Aufgabenbereich zählt auch die Konzeptionierung und Implementierung von Anforderungen an Produktdaten. Wie das alles im Detail aussieht, erfahren wir im Interview.
Wie ist der Status Quo bzgl. PIM und Datenqualitätsmanagement bei Hager?
Wir bei der Hager Group durchlaufen gerade eine sehr große Transformation im Bereich des Produktinformationsmanagements. Seit mehr als 2 Jahren arbeiten wir an einer Einführung eines neuen PIM-Systems. Dabei haben wir im März einen sehr großen Erfolg gefeiert. Die ersten zwei Märkte publizieren jetzt ihren elektronischen Produktkatalog aus unserem neuen PIM-System. Im Juli sollen die nächsten Märkte folgen. Mit dem Roll-out dieser Märkte wird auch die interne Umstellung auf das neue PIM-System vollzogen.
Für die Hager Group ist die Einführung eines neuen PIM-System ein notwendiger Schritt, um die Digitalisierung im Unternehmen voranzutreiben. Wir lösen mit einem „standard“ PIM unsere eigens entwickelte Software ab. Unsere eigene Software kann die heutigen bzw. zukünftigen Anforderungen an Produktinformationsmanagement nicht mehr vollständig erfüllen. Daher ist es ein notwendiger Schritt, dieses PIM-System zu ersetzen. Dies bedeutet gleichzeitig für alle User, die mit dem PIM arbeiten, eine große Veränderung.
Die Thematik des Datenqualitätsmanagements soll im Zuge dieser Umstellung ausgebaut werden. Das neue PIM-System verfügt über Funktionalitäten, die die Qualität der Produktdaten deutlich verbessert, wie z.B. eine gesteuerte Datenpflege durch Workflows. Dies war in der Vergangenheit nicht der Fall, jeder hatte seine eigenen Methoden und Prozesse zur Datenpflege. Das bringt zwar etwas Flexibilität mit sich, hat aber den großen Nachteil, dass die Qualität leidet.
Welches waren die größten Herausforderungen für eine gute Systemarchitektur und Systeminteraktion?
Zum Thema Systemarchitektur bzw. Systeminteraktion kann ich leider nicht in die Detailtiefe einsteigen, da dieses Thema größtenteils durch die IT gesteuert wurde. Trotzdem wechseln wir ja von einem eigen entwickelten PIM-System zu einem Standard PIM-System. In der Eigenentwicklung sind Funktion vorhanden, die speziell für die Bedürfnisse HagerGroup entwickelt wurden und weiterhin benötigt werden. Diese sind aber nicht in der neuen Software vorhanden. Daher wurde eine Schnittstelle geschaffen, die das neue PIM-System mit dem bestehenden PIM-System verbindet, um die Funktionen weiter nutzbar zu machen.
Eine weitere Herausforderung bei der Systemarchitektur/Integration ist die Kompatibilität der Datentypen. Gerade bei der Migration der Daten vom alten ins neue System gab es schon oft Herausforderungen, die die Systeminteraktionen erschweren. Gewisse Eigenheiten der Datentypen, die in den letzten 20 Jahren generiert wurden, führten bei der Datenmigration zu größeren Problemen, weil diese nicht 100%ig kompatible sind mit den Datentypen des neuen Systems. Ein Beispiel hierfür ist, der Missbrauch von Wertelisten mit nummerischen Werten. Solche Unstimmigkeiten mussten wir mit Hilfe von komplexen Transformationsregeln beheben.
Was sehen Sie als Ihre größte Herausforderung an beim Thema PIM?
Aus meiner Sicht ist eine der größten Herausforderungen in der Einführung eines neuen PIM-Systems, dass sich die User an neue Prozesse und neue Funktionsweisen gewöhnen müssen. Einige von diesen arbeiten seit über 20 Jahren in einem eigens entwickelten PIM-System, das viele Funktionen besitzt, die Hager spezifisch entwickelt hat. Oftmals wurde dabei die Frage gestellt „funktioniert das im neuen System auch so“ oder die Anforderung gestellt „ich brauche das genauso auch im neuen System“. Und genau diese Thematik, dass eine Systemeinführung eine Veränderung des Mindsets der User bedingt, wird in meinem Vortrag an den PROKOM Data Days erörtert. Also seid gespannt auf die Erkenntnisse gespannt, die die Hager Group im Transformationsprozess erlebt hat.
Spielt Machine Learning bei der Konfiguration Ihrer Produkte bereits eine Rolle? Wäre dies denkbar?
Soweit ich weiß ist Machine Learning oder KI in meinem Tätigkeitsbereich zurzeit nicht im Einsatz. Aber nichtsdestotrotz ist „Artificial Intelligence“ (AI) bei Hager generell ein Thema. Meiner Meinung nach kann uns AI gerade im Bereich Produktinformationsmanagement eine große Unterstützung bieten. Ich selbst hatte versuchsweise unterschiedliche Produktbeschreibungen verschiedener Artikel mit ChatGPT erstellen lassen. Dazu muss ich ehrlich sagen, die generierten Outputs haben mich überzeugt und waren teilweise besser als die bereits existierenden Produktbeschreibungen. Gerade im Bereich der Textgenerierung sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt großes Potential, um solche KI-Tools einzusetzen. Themen wie Produktbeschreibungen, Search Engine Optimization können damit sehr hilfreich unterstützt werden.
Des Weiteren kann ich mir vorstellen, das AI im Datenqualitätsmanagement eine gute Hilfe sein kann. Analyse und Korrektur von inkonsistenten Produktdaten oder Zusammenhangserkennung bei der Erstellung von Produktdaten sind Einsatzbereiche, die ich mit künstlicher Intelligenz verbinde. Aber wie schon bei den vorherigen Frage beschrieben, sind wir gerade in einem Veränderungsprozess, daher hat das Thema Einsatz von Artificial Intelligence nicht erste Priorität. Es ist aber auch nicht komplett aus dem Sichtfeld.
Welche Kanäle nutzen Ihre Kunden typischerweise, um sich über Ihre Produkte zu informieren?
Die Hager Group ist ein führender Hersteller von Elektroinstallationslösungen im Gewerbe- und Wohnbausegment. Dabei zählen zu unseren Kunden große Elektroinstallationsfirmen sowie kleine Elektroinstallateure, Architekten, Elektroplaner aber auch der Endkunde. All diese Kundentypen brauchen Informationen zu unseren Produkten. Das bedeutet die Hager Group betreibt eine Multichannel Kommunikation.
Wir vertreiben zum größten Teil die Produkte über einen dreistufigen Vertriebsprozess. Das bedeutet die Kunden kaufen die Produkte beim Elektrogroßhändler und nicht direkt bei Hager. Also kann man sagen, dass die Webkataloge der Großhändler eine der meistgenutzten Informationskanälen unserer Endkunden sind. Um diese Kanäle erfolgreich zu bespielen, ist es wichtig, Standardklassifizierung wie ETIM oder EClass zu liefern. Hierbei setzen wir vordergründig auf den ETIM Standard, der auch von den meisten Elektrogroßhändlern genutzt wird.
Ein weiterer Kommunikationskanal ist der eigene Web-Katalog. Hier haben wir einen direkten Kontakt zu unseren Kunden. Hier werden die Produkte spezifischer dargestellt und bieten detailreichere Informationen für den Kunden. Daher ist es wichtig, hier ein sehr gutes Kundenerlebnis zu schaffen. Durch die Einführung des neuen PIM-Systems haben wir auch eine Anpassung des Web-Katalogs vorgenommen. Ein weiterer Kommunikationskanal ist auch der klassische Papierkatalog. Dieser wird weiterhin stark kundenseitig genutzt. Zusätzlich nutzen wir Produktbroschüren, um die Produkte spezifischer bei den Kunden zu platzieren. Daher sind für Multichannel Publikationen folgende Faktoren entscheidend: geordnete Produktdaten, gutes Publikationsmanagement sowie strukturiertes Asset-Management.
Konnten Sie durch PIM das Kundenerlebnis bereits nachhaltig verbessern? Welche neuen Möglichkeiten stehen Ihnen heute zur Verfügung?
Wie schon beschrieben, sind wir gerade in einer Weiterentwicklung des Produktinformationsbereichs. Durch die Einführung des neuen PIM-Systems legen wir gerade die Grundlagen für zukünftige Entwicklungen. Das Thema Kundenerlebnisse spielt dabei auch eine große Rolle. Da wir aber erst die ersten zwei Märkte gelauncht haben, fällt das Kundenfeedback noch gering aus. Aber wir erhalten schon kundenseitig ein positives Feedback aus den Märkten. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Entwicklung zeigt aber auf, dass der Fokus auf den Kunden und auch dessen Bedürfnisse zu Produktinformationen immer wichtiger wird. Themen wie Product Experience Management und Customer Experience dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Hierfür legen wir grade die Basis, auf der sich die Hager Group weiterentwickeln kann!